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Seit 17 Jahren kooperiert die jetzige Elisa-Kauffeld-Oberschule in Jever mit dem Kreislandvolkverband Friesland e.V. Alle Schüler der achten Jahrgänge nehmen am Projekt „Landwirtschaft zum Anfassen“ teil, das sie für eine Woche auf Betriebe in der Umgebung führt. Hier arbeiten sie täglich mit und lernen sowohl den Beruf „Landwirt“ kennen wie auch die Herstellung von Lebensmitteln.
re: Schüler Mario Hohlen als Praktikant bei Ingo Oltmanns (Mitte) in 2006
Mario Hohlen, Jahrgang 1989 und Schüler an der damaligen Hauptschule, hatte sich im Frühjahr 2006 mit dem Fahrrad auf den Weg zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gemacht, weil er einen Praktikumsplatz suchte. „Ich wollte gerne mit Treckern arbeiten“, schilderte er seine Motivation. Doch der angesteuerte Betrieb hatte bereits zwei Mitschülerinnen aufgenommen. So radelte Mario Hohlen bei Hagel und Kälte munter weiter, bis er den Betrieb von Ingo Oltmanns erreichte und sich dort spontan vorstellte. Ingo Oltmanns hat vielleicht die Wetterfestigkeit des Schülers imponiert. Mario Hohlen durfte sein Praktikum auf dem Schortenser Betrieb absolvieren und gleich das Maisland grubbern. „Das Trecker fahren und arbeiten mit den Geräten wurde so gut erklärt, da konnte ich gar nichts verkehrt machen“, erinnert sich Mario Hohlen, der überhaupt der erste Praktikant auf dem Betrieb war. Zu seinen weiteren Aufgaben gehörte u.a. das Versorgen der Kälber, das Melken und richeln der Weideflächen.
Es blieb nicht bei der einen Woche Praktikum. Fortan verbrachte der Schüler die Wochenenden und Feiertage auf dem Betrieb, um zu helfen. Dann war der Hauptschulabschluss geschafft und Mario Hohlen meldete sich zunächst bei den berufsbildenden Schulen in Jever im Metallbereich an, schwenkte aber kurzfristig um und entschied sich, Landwirt zu werden. Und was lag näher als bei Ingo Oltmanns die Lehre zu machen und nach der Ausbildung auch gleich dort weiterzuarbeiten? Doch nach 1 1/2 Jahren juckte auch ein wenig der Wunsch, Neues kennen zu lernen und die eigenen Fähigkeiten zu erweitern. Es folgte ein 3-monatiges Praktikum im Garten- und Landschaftsbau. Nach einem Kurs als Klauenpfleger in Echem konnte Mario Hohlen sofort in diesem Bereich tätig werden. Zusammen mit einem Helfer fuhr er auch weit entfernte Betriebe in Norddeutschland an. „Doch dann wurde die Fahrerei einfach zu viel“, schildert er seinen Beweggrund, mit der Klauenpflege aufzuhören.
Es meldete sich eine gewisse „Sehnsucht zurück zu einem landwirtschaftlichen Betrieb“, und zu dieser Zeit wurden gerade Betriebshelfer beim Maschinenring Nordwest (Wiesmoor) gesucht. Bei seinen Einsätzen lernte er z.B. in den Bereichen Getreidebau, kommunale Pflegearbeiten, Direktvermarktung und dem Einsatz von Melkrobotern viel dazu. „Auf einem Betrieb habe ich 80 Kühe in Anbindung gemolken. Das war teilweise wirklich gefährlich, vor allem bei den nervösen frischmelkenden jungen Kühen.“ Die Fahrt zu den Betrieben wurde jedoch teilweise so weit, dass die Fahrkosten einen großen Teil des Lohnes aufzehrten, vor allem weil Mario Hohlen meistens zwischen den Melkzeiten wieder nach Hause fahren musste, damit die täglichen von der Krankenkasse übernommenen acht Stunden Arbeitszeit nicht überschritten wurden. Und nicht immer gab es eine „Willkommenskultur“ auf den Betrieben. „Oft war es wie ein Sprung ins kalte Wasser, wenn ich auf einen neuen Betrieb kam. Es wurde fast nichts erklärt sondern vorausgesetzt, dass der Betriebshelfer schon alles kennt. Und manchmal war es nicht leicht, dem Betriebsleiter zu verdeutlichen, dass ich „nur“ die wirklich notwendigen Arbeiten machen darf“, schildert Mario Hohlen seine Eindrücke.
So wuchs der Wunsch, mit all den gesammelten Erfahrungen wieder auf einem Hof fest angestellt zu sein – und zufällig wurde bei Ingo Oltmanns gerade eine Stelle frei. So ist Mario Hohlen seit Februar 2015 wieder da, wo alles angefangen hat. „Ich bin stolz auf das, was ich jetzt alles kann, vor allem auf das Klauen schneiden bei den Kühen“, resümiert er. Und er will bleiben.
Mario Hohlen im Herbst 2015
Praktische Berufsweltorientierung in der Wilhelmshavener Wasserturmschule
Einen interessanten Schultag außerhalb der üblichen Routine erlebten SchülerInnen der Wasserturmschule am 25. Juni 2015. In der Aula präsentierten verschiedene Unternehmen ihre Tätigkeitsbereiche und Berufsfelder. Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung gingen die Jugendlichen in Vierer-Gruppen durch die Stationen, an denen sie unterschiedliche Tätigkeiten ausprobieren konnten.
Hergen Schemering, junger Landwirtschaftsmeister aus dem Wangerland, war mit Schlepper und Anhänger vorgefahren. Er brachte ein Kalb mit zur Schule und erläuterte den SchülerInnen die Inhalte der landwirtschaftlichen Ausbildung. Natürlich durften die jungen Leute auch mal in die Schlepperkabine steigen. Birgit Luiken vom Kreislandvolkverband Friesland hatte in der Aula einen Informationsstand aufgebaut. Hier gab es einen Film über die friesische Landwirtschaft zu sehen, in der die Milchwirtschaft dominiert. Die Schüler setzten sich mit verschiedenen Bodenarten und Düngemitteln auseinander. Sie lernten die Getreidearten sowie deren Verwendung kennen und konnten sich mit Informationsmaterial eindecken.
Thomas Kühn vom Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BWN) hatte die Veranstaltung zur „Praktischen Berufsweltorientierung“ organisiert. Das BWN begleitet und unterstützt Jugendliche und Erwachsene bei der beruflichen Orientierung, der praxisnahen Fort- und Weiterbildung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Simulierte Arbeitsplätze, betreut durch Fachleute und Auszubildende aus Betrieben, vermitteln den SchülerInnen konkrete Vorstellungen über einen möglichen Ausbildungsberuf.
Berufswettbewerb in der BBS Varel
Beim Berufswettbewerb der deutschen Landjugend, der alle zwei Jahre stattfindet, messen sich die jungen Auszubildenden aus den „Grünen Berufen“ in ihrem theoretischen und praktischen Können. Anfang Juni werden die Bundessiegerinnen und Bundessieger in den verschiedenen Sparten feststehen. Der Berufswettbewerb wird bereits zum 32. Mal durchgeführt.
„Der Berufswettbewerb der deutschen Landjugend setzt aber nicht nur auf das fachliche Können und Wissen. Auch auf die persönlichen Fähigkeiten wie Rhetorik oder Allgemeinbildung kommt es an“, sagt Katrin Fischer, die stellv. Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL) und eine der BWB-Qualitätsbeaufragten.
Hauke Gerriets (li.) und Cornelius Folkertsma reparieren einen abgerissenen Stecker des Beleuchtungskabels.
In Niedersachsen beteiligten sich mehr als 3.000 Auszubildende in der Land- und Hauswirtschaft sowie Forst- und Tierwirtschaft an zahlreichen Berufsbildenden Schulen am Vorentscheid. Diese bisher höchste Beteiligung beruht auch auf den steigenden Zahlen der Auszubildenden in der Landwirtschaft.
Florian Warnken bestimmt verschiedene Futtermittel und Saatgutproben.
In den Berufsbildenden Schulen Varel traten Auszubildende aus den Landkreisen Friesland und Wesermarsch zum Wettbewerb an. Als Sieger gingen hervor:
Berufsfachschule Brake: 1. Platz Nikolaus Danielmeyer, 2. Platz Kilian Janßen, 3. Platz Tanno Wilm Luks, 4. Platz Jörn Schwarting
Berufsfachschule Varel: 1. Platz Cornelius Folkertsma, 2. Platz Tim Kohlrenken, 3. Platz Hauke Gerriets, 4. Platz Jandra Harms.
Klasse A2: 1. Platz: Andy Ostendorf, 2. Platz Jantje Reitsma, 3. Platz Florian Warnken, 4. Platz Tammo Steen.
Klasse A3: 1. Platz Jelko Onken, 2. Platz Gertje Hingst, 3. Platz Kristin Pille, 4. Platz Renke Maucher
Da drehen sich die Jungs schon mal um!
Jantje Reitsma hat das Interesse an Kühen und der Landwirtschaft sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Ihr Schlüsselerlebnis war ein mehrwöchiges Schulpraktikum während der 9. Realschulklasse, das sie bei der Zuchtorganisation „Masterrind“ absolvierte. „Seitdem hatte ich nur noch Kühe im Kopf“, sagt die heute 18-jährige junge Frau aus Varel-Jeringhave, deren Großeltern von Holland nach Friesland umsiedelten. Vater Pieter Reitsma ist sichtlich stolz auf seine jüngste Tochter, die sich fest vorgenommen hat, den Milchviehbetrieb zu übernehmen, den die Familie bewirtschaftet. Auch die ältere Schwester Nienke hat im Bereich Landwirtschaft Fuß gefasst und arbeitet bei der AWE (Agrarhandel Weser-Ems) in Altjührden.
Jantje Reitsma mit ihrem Lieblingsrind „Trixie“
Jantje Reitsma hat ihr erstes Ausbildungsjahr in der Berufsfachschule Agrarwirtschaft an der BBS Varel absolviert. Drei Tage pro Woche Schulunterricht mit allgemeinbildenden und berufsbezogenen Fächern sowie ein Tag Fachpraxis und ein Tag in der schuleigenen Werkstatt bestimmten den Ausbildungsverlauf. Dazu kamen verschiedenen DEULA-Lehrgänge und ein dreiwöchiges Auslandspraktikum in den Niederlanden.
Für das zweite Ausbildungsjahr hatte Jantje Reitsma einen Platz auf einem bekannten Rinderzuchtbetrieb im Emsland gefunden, musste aber nach zwei Monaten feststellen, dass sie sich dort nicht wirklich wohlfühlte. Die Entscheidung, den Betrieb zu wechseln führte sie in die Wesermarsch auf den Hof von Lüer Kaemena, wo sie sich innerhalb der Familie mit den drei Kindern gut aufgehoben fühlt. „Da ist die Stimmung viel lockerer und der Chef nimmt sich viel Zeit, um mir etwas zu erklären“, beschreibt sie den Unterschied zum emsländischen Ausbildungsbetrieb.
Zu ihren Tätigkeiten gehört z.B. morgens um 6 Uhr das Melken, Futter vor legen, Ställe kontrollieren. Je nach Jahreszeit liegen verschiedenen Arbeiten im Außenbereich an. Feierabend ist gegen 18.30 Uhr, jedes 2 Wochenende hat sie frei, einmal pro Woche ist Berufsschultag. Besonderes Augenmerk legt Jantje Reitsma auf den Gesundheitszustand der Tiere. „Wenn bei einer Kuh z.B. die Augen tränen, die Milchleistung sinkt, die Futteraufnahme eingeschränkt ist oder sie nicht aufsteht muss man nachsehen, was los ist.“ Vielleicht hat Jantje Reitsma dieses Gespür für den Zustand der Rinder und Kühe entwickelt, weil sie früher öfter Praktika beim Tierarzt machte.
So gehört natürlich der Umgang mit den Tieren zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, aber das Schlepperfahren z.B. bei der Gülleausbringung und der Umgang mit Maschinen kommen auch nicht zu kurz. „Eine junge Frau auf einem Trecker – da drehen sich die Jungs schon mal um.“, sagt Jantje Reitsma und schmunzelt. Mädchen sind heute zwar nicht mehr exotisch in der landwirtschaftlichen Ausbildung, aber immer noch selten – 4 junge Damen gibt es zurzeit unter den 40 Auszubildenden im zweiten Lehrjahr an der BBS Varel.
Für das eigene Hobby – das Reiten- bleibt Jantje Reitsma, die als Jungzüchterin schon einige Erfolge zu verbuchen hat, leider keine Zeit mehr. „Die Wochenenden sind zu kurz.“, beschreibt Jantjes Mutter Ina Reitsma die Situation.
Jantje Reitsma will Landwirtschaftsmeisterin werden und in den nächsten Jahren ihre Zeit ganz in die Ausbildung investieren.
Von wegen „nur putzen“
Merle Friedrichs ist 18 Jahre alt und hat sich, während sie das Fachabitur Ökotrophologie in Aurich absolvierte, mit der Frage beschäftigt: Was kommt danach? Ihr Mutter brachte ein Informationsblatt mit nach Hause, in dem die Tätigkeiten im Berufsbild „Hauswirtschafterin“ beschrieben wurden. „Als ich das in meinem Freundeskreis erzählte, meinten viele: Da musst du doch nur den ganzen Tag putzen“, erinnert sie sich.
Merle Friedrichs fühlt sich wohl auf dem Betrieb der Familie Ahrends in Eggelingen
Merle Friedrichs hat sich auf den Webseiten der Landwirtschafts-kammer umgesehen und auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Gerda und Heino Ahrends in Klein-Warfe, Eggelingen (Landkreis Wittmund) eine Lehrstelle gefunden, die seit August 2014 gleichzeitig auch ihr zweites Zuhause ist. Auf dem Hof, der seit Ende des 18.Jahrhunderts im Familienbesitz ist, gibt es 120 Kühe mit Nachzucht, einige Hühner, Enten, Schafe und zwei Hunde.
Gerda Ahrends ist Hauswirtschaftsmeisterin und hat bisher zehn junge Menschen ausgebildet. „Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen ist größer als das Angebot im ländlichen Raum“, beschreibt sie die Situation. Alle ihre ehemalige Auszubildenden sind beruflich gut untergekommen und haben auch heute noch Kontakt zu ihr. „Da flossen auch mal Tränen, wenn das Ausbildungsjahr bei uns zu Ende ging „, sagt sie. Bei der Einstellung der Auszubildenden achtet sie darauf, dass das Zeugnis wenig Fehltage zeigt und eine gute Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens vorliegt. Und: „Die Chemie muss stimmen“, betont sie.
Merle Friedrichs´ Arbeitstag beginnt morgens um 6 Uhr. Sie weckt die Kinder der Familie, bereitet ihnen das Frühstück und bringt sie zum Schulbus. Um 8 Uhr steht das Frühstück mit Gerda und Heino Ahrends an, die nach dem morgendlichen Melken und Versorgen der Tiere aus dem Stall kommen. „Das Melken und Kälber füttern gehören genauso zu meinen Aufgaben wie Kochen, Backen, Nähen, Putzen, Dekorieren, Gartenarbeit und Wäschepflege.“, beschreibt Merle Friedrichs ihre Tätigkeiten.
Kochen und backen füllen den Vormittag. Gekocht wird nach einem Wochenplan, und Merle Friedrichs arbeitet auch schon selbständig, wenn ihre Ausbilderin mal nicht da ist. „Kartoffelschälen ist aber nicht so mein Ding“, sagt sie. Um 10 Uhr ist Teepause, um 12.30 steht das Mittagessen auf dem Tisch, und dann folgt die Mittagsstunde, bevor es um 14. 30 Uhr weitergeht. Merle Friedrichs hilft den Kindern bei den Hausaufgaben. Gegen 19 Uhr ist Feierabend. Gearbeitet wird von Montags bis Samstag Mittag. „Das war schon eine Umstellung, hier auf den Hof zu kommen“, sagt Merle Friedrichs, die in ihrer Freizeit reitet und in der Landesliga boßelt. Sie hat ein eigenes Zimmer mit Fernseher und „ist wie unser sechstes Kind“, sagt Heino Ahrends schmunzelnd.
Merle Friedrichs könnte alle beide Jahre ihrer Ausbildung auf dem Hof verbringen, hat sich aber entschieden, das letzte Ausbildungsjahr im „Europahaus“ in Aurich zu absolvieren. Dass sie auf dem Betrieb Ahrends so selbständig zu arbeiten gelernt hat wird ihr dabei zugutekommen. Weiterbilden kann sie sich anschließend u.a. bis zur Hauswirtschaftsmeisterin, und auch eine Lehrtätigkeit an einer Berufsbildenden Schule käme infrage.
Nähere Informationen gibt es unter: www.lwk-niedersachsen.de/hauswirtschafter
Zeit für den „Zeteler Markt“ bleibt immer
Jürgen Köhler und Holger Helmerichs haben 2009 eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) gegründet, um sicherzustellen, dass es einen Hofnachfolger gibt, auch wenn dieser nicht aus der eigenen Familie stammt. Die beiden studierten Landwirte bilden in 2014 zwei Lehrlinge auf ihrem Betrieb in Jever (145 ha, 200 Kühe plus Nachzucht) aus.
v.li.n.re: Torben Deichmann, Jürgen Köhler, Holger Helmerichs und Helmke Kruse untersuchen die Silage
Torben Deichmann, 20 Jahre jung, kommt aus Waddewarden und absolvierte nach seinem Realschulabschluss die Berufsfachschule in Wittmund. Boßeln und Anbaugeräte-Eigenkreationen bauen gehören zu seinen Hobbies. Er befindet sich im 3. Lehrjahr und möchte noch Auslandserfahrungen sammeln, bevor er mal den elterlichen Milchviehbetrieb übernimmt. Die GbR Köhler/Helmerichs kannte er schon vom gelegentlichen Mithelfen vor seinem jetzigen Ausbildungsverhältnis.
Torben Deichmann hat Spaß am Umgang mit Technik
Helmke Kruse aus Altgarmssiel im Wangerland befindet sich im 2. Lehrjahr und wohnt im Haus der Familie Köhler. Nach dem Realschulabschluss besuchte er ebenfalls zunächst die Berufsfachschule für Agrarwirtschaft in der BBS Wittmund. Jetzt geht es nur noch einmal pro Woche zur BBS nach Varel, um den nötigen theoretischen Input zu bekommen. Der 17jährige kommt von einem Milchviehbetrieb, den er später übernehmen will. Er ist bei den Jungzüchtern aktiv.
Helmke Kruse möchte Landwirtschaftsmeister werden
„Hier lernen alle voneinander“, erklärt Holger Helmerichs. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die beiden Auszubildenden aus der Landwirtschaft kommen und ihre eigenen Kompetenzen mitbringen. „Der familiäre Anschluss sorgt dafür, dass man die jungen Leute besser fördern kann“, ergänzt er.
Wie findet man nun als Schulabgänger den geeigneten Betrieb? „Holger ist ein guter Ausbilder“, sagt Torben Deichmann, „und das spricht sich herum“. Der Betrieb hatte nie Probleme, Auszubildende zu bekommen, erläutert Holger Helmerichs. „Wir achten beim Vorstellungstermin auf den Realschulabschluss, gute Mathekenntnisse – und die Chemie muss stimmen“.
Das Lohnniveau für die fertig ausgebildeten jungen Männer liegt im Angestelltenverhältnis zurzeit bei 1300.- netto für eine alleinstehende Person, dazu kommen noch Zuschläge für Überstunden oder Sonntagsarbeit. Lehrlinge im zweiten Aus-bildungsjahr bekommen 665.- € Brutto, im 3. Jahr sind es 715.- €.
Torben Deichmann und Helmke Kruse wollen Landwirtschaftsmeister werden. Beide schätzen die Abwechslung in ihrem Berufsalltag. Was muss man mitbringen, wenn man Landwirt werden will? „Auf jeden Fall körperliche Fitness, zeitliche Flexibilität, Belastbarkeit und einen Sinn für´s Praktische“, so beschreiben die beiden die wichtigsten Voraussetzungen. Jedes zweite Wochenende haben sie frei, und für einen Besuch auf dem „Zeteler Markt“ gibt´s natürlich auch Gelegenheit – als Betriebsausflug sozusagen.
Nähere Informationen gibt es beim Ausbildungsberater Friedhelm Cordes, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Tel. 0441/ 34010-124; e-Mail: friedhelm.cordes@lwk-niedersachsen.de.
Landwirt zu werden ist echtes Konditionstraining
Christoph Veith aus Wittmund hat sich entschieden, den Beruf „Landwirt“ zu lernen. Das Berufsgrundbildungsjahr hat er bereits absolviert. In 2011 befand er sich auf dem Ausbildungsbetrieb der GbR Jann und Bernd Janssen in Jever-Cleverns. Warum er sich für diesen Beruf entschieden hat und wie er seinen Ausbildungsplatz erlebt schilderte er in einem Interview mit Birgit Luiken vom Kreislandvolkverband Friesland e.V.
B.L: Christoph, wie bist Du auf die Idee gekommen, Landwirtschaft zu lernen?
C.V: Meine Interessen lagen eigentlich mehr im Bereich Technik und Computerwelt. Das hatte mir in der Freizeit Spaß gemacht und ich dachte, dass ich mich damit auch gut beruflich beschäftigen könnte. Aber nach einigen Praktika habe ich ganz schnell gemerkt, wie dieser Beruf wirklich ist und dass die Computerbranche mir doch nicht so liegt. Im Kurs Elektrotechnik, den ich in der Berufsschule belegt hatte, war ich auch nicht richtig zufrieden.
Früher, als Kind und als Jugendlicher war ich oft bei den Nachbarn auf deren Hof, ich durfte auf den Treckern mitfahren und war natürlich begeistert davon. Später durfte ich auf dem Hof der Familie eines Freundes mithelfen und bin dadurch auf den Geschmack gekommen. Ich konnte dann glücklicherweise noch im laufenden Schuljahr von der Elektrotechnik zur Landwirtschaft wechseln.
Im Berufsgrundbildungsjahr geht man pro Schulhalbjahr einmal pro Woche auf einen landwirtschaftlichen Betrieb, man besucht also zwei Betriebe innerhalb des gesamten Schuljahres. Und einer der Höfe war zufällig der Hof, auf dem ich jetzt auch mein zweites Lehrjahr absolviere, also hier bei Familie Janssen. Hier gefiel es mir von Anfang an gut, weil mir viele verschiedene Wirtschaftsbereiche gezeigt wurden: Es gibt hier Schweine, es gibt Bullenmast, Milchviehhaltung, Rinderaufzucht – da kann man eine Menge lernen.
Christoph Veith gefällt der abwechslungsreiche Arbeitstag auf dem Hof der GbR Jann und Bernd Janssen in Cleverns
B.L: Wie reagierte Deine Familie auf deine Entscheidung, Landwirtschaft lernen zu wollen? Hattest Du Unterstützung?
C.V: Ja, da war ich ganz überrascht, sie sagten: mach´ was dich glücklich macht. Und mir war auch klar, dass Landwirtschaft zu lernen nicht ganz leicht sein würde, man hat einen langen Arbeitstag. Ich fange z.B. morgens um 6 Uhr an und habe um 19 Uhr Feierabend. Natürlich sind Pausen dazwischen, aber es ist auch klar, dass es in der Ernte mal später wird. Aber wenn man das wirklich möchte sagt man sich: Komm, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und dann zieht man das durch. Und wenn es einem Spaß macht, geht es ja auch viel leichter von der Hand als wenn es keinen Spaß macht. Von daher bin ich eigentlich recht zufrieden damit.
B.L: Man muss ja während der Ausbildung auf verschiedenen Betrieben lernen. Weißt Du schon, auf welchen Hof Du im dritten Lehrjahr gehen wirst?
C.V: Also, das BGJ wird ja als erstes Lehrjahr angerechnet. Ich bin jetzt also schon im 2. Lehrjahr. Aber um einen Lehrbetrieb für das dritte Jahr muss ich mich bald kümmern.
B.L: Warst Du dir bewusst, dass das Arbeiten in der Landwirtschaft anstrengend sein würde?
C.V: Ja, das merke ich jetzt ja schon. Wenn mein Chef abends länger auf dem Feld bleibt um zu dreschen fragt er mich natürlich, ob ich melken kann. Dann sage ich natürlich nicht: ich habe aber um 19 Uhr Feierabend, sondern dann mache ich das eben.
B.L: Ich weiß nicht, ob Du eine Freundin hast, aber ich könnte mir vorstellen, dass es schwierig ist, bei diesem Arbeitsalltag noch Zeit für eine Beziehung zu haben.
C.V: Ja, das habe ich versucht, aber ich merkte dann, wenn ich mal zwei Tage vom Hof weg war, hatte sich schon wieder so vieles verändert, was ich dann nicht mitbekommen hatte… z.B. waren neue Tiere geboren oder das Getreide war gedroschen worden… und das war traurig, wenn ich da nicht dabei sein konnte.
B.L: Das heißt, man muss sich selbst klare Prioritäten setzen, was einem wichtiger ist?
C.V: Das glaube ich schon, denn wenn man mal überlegt…ich fahre morgens um 5 Uhr mit dem Fahrrad von zu Hause los, demnächst auch mit dem Auto, weil ich jetzt 18 geworden bin; und ich fange um 6 Uhr hier an….und wenn ich dann abends länger gearbeitet habe und um 21.30 zuhause war, blieb natürlich nicht viel Zeit für anderes. Aber es hat Spaß gemacht.
Wenn man auf dem Lehrbetrieb wohnt, wird man natürlich noch mehr integriert, man lernt mehr das Familienleben kennen. Und man kann morgens etwas länger schlafen, weil man ja die Anfahrt nicht hat.
B.L: Wie hast Du denn Deine Freizeit mit Deinem Lehrherrn geregelt?
C.V: Mein Chef ist da recht flexibel. Als ich jetzt meinen Führer-schein machte, durfte ich auch mal früher gehen, und die Überstunden im Sommer lassen sich zu anderen Zeiten wieder ausgleichen. Es ist sicher von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich, das muss jeder Auszubildende mit dem Betriebsleiter individuell regeln.
B.L: Du nimmst auch am Familienleben teil, z.B. an den gemeinsamen Mahlzeiten usw., wie kommst Du damit zurecht?
C.V: Da habe ich gar keine Probleme. Die Familie Janssen hat mich herzlich empfangen. Normalerweise achtet man als Auszubildender bei der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb ja auch darauf, ob man mit der dortigen Familie zurechtkommt. Man sucht sich den Betrieb nicht nur nach Kriterien wie beispielsweise die vorhanden Betriebszweige oder die Maschinenausstattung aus. Hier bei Familie Janssen mit ihren drei Kindern fühle ich mich richtig gut.
B.L: Welche Vorstellungen hast Du für die Zeit nach Deiner Ausbildung?
C.V: Meine Familie hat ja keinen landwirtschaftlichen Betrieb zuhause. Es wäre natürlich mein Traum, einen eigenen Hof zu haben, aber das ist in der heutigen Zeit wohl nicht zu schaffen. Die klassische Alternative wäre für mich der Einsatz als Betriebshelfer. Die werden händeringend gesucht, und in der Landwirtschaft gibt es Arbeit en masse. Wer Lust dazu hat, sollte Landwirtschaft lernen, denn Arbeit ist genug da.
B.L: Könntest Du Dir vorstellen, beispielsweise zu studieren?
C.V: Nein, ab der 10. Klasse war mir klar, dass ich jetzt meinen Grundbildungsstock habe und das reicht mir. In der Schule zu sitzen und zuzuhören liegt mir nicht so sehr. Ich muss etwas anpacken, was schaffen, dann fühle ich mich besser als wenn ich die ganze Zeit in der Schule sitze.
B.L: War es anstrengend, sich auf den neuen Arbeitsalltag einzustellen?
C.V: Ja, auf jeden Fall. Das frühe und regelmäßige Aufstehen, die körperliche Arbeit – abends bin ich platt. Aber ich denke, in 2-3 Monaten spielt sich das langsam ein, dann werde ich wohl einen Tagesrhythmus gefunden haben, der auch wirklich funktioniert.
B.L: Landwirtschaft ist also so etwas wie ein Konditionstraining?
C.V: Am Anfang wohl!
B.L: Was lernt man in der Berufsschule?
C.V: Im BGJ-Jahr lernt man viele Grundkenntnisse, damit man überhaupt die Vorgänge in der Landwirtschaft versteht. Dazu gehören z.B. Bestimmungsübungen mit typischen Nutz- und Wildpflanzen, man lernt etwas über Bodenverhältnisse, man lernt die Getreidearten und Gräserarten kennen und natürlich etwas über die verschiedenen Nutztiere. Das BGJ ist eine gute Grundlage, mit der man sich den Start auf dem Lehrbetrieb wirklich erleichtert. Denn da ist dann neben der Arbeit nicht mehr soviel Zeit, um viel Theorie lernen zu können.
B.L: Wie oft gehst Du jetzt zur Berufsschule?
C.V: Im zweiten Lehrjahr muss ich einmal in der Woche zur Berufsschule. Der Unterricht dauert von 8.00 bis 15.15 Uhr. Wenn man schon nach 4 Stunden Schluss hat, muss man nachmittags wieder auf den Betrieb zur Arbeit.
B.L: Welche Prüfungen musst Du absolvieren?
C.V: Erst mal die Zwischenprüfung, die ist auch eine gute Vorbereitung für die Abschlussprüfung. Außerdem gibt es den Berufswettkampf, bei dem man sich gut mit den anderen Auszubildenden vergleichen kann. Da geht es um verschiedene Bereiche wie z.B. KFZ-Technik, Holztechnik, Bautechnik und Pflanzenkunde. Man muss ja auch später auf dem Hof vieles selber machen, etwa eine Maschine reparieren, eine Schalung für Betonarbeiten herstellen oder andere Reparaturarbeiten. Handwerkliche Begabung gehört also dazu. Und es gibt noch verschiedene Lehrgänge, bei denen man speziell etwas über Schweinehaltung und Milchviehhaltung in Theorie und Praxis wie auch den Umgang mit typischen Maschinen lernt. Ich hatte Glück, denn in der letzten Woche haben einige Auszubildende hier auf dem Betrieb ihre Abschlussprüfung gemacht, und da konnte ich schon mal verfolgen, worauf es dabei ankommt.
B.L: Der Arbeitsplatz eines Landwirtes beinhaltet also auch Aufgaben aus vielen anderen Berufen. Sollte man in Mathe gut sein?
C.V: Ja, auf jeden Fall, weil es immer etwas zu berechnen gibt, z.B. bestimmte Einstellungen an der Sämaschine oder die Futtermengen für den Viehbestand und die damit zusammenhängenden Kosten. Und man muss vorausschauend denken können.
B.L: Da hast Du Dir einen gleichermaßen anspruchsvollen wie auch abwechslungsreichen Beruf ausgesucht.
C.V: Ich finde, der Beruf „ Landwirt“ ist wirklich was Besonderes. Man kann sich nach seinen eigenen Neigungen z.B. mit Schweinen oder mit Milchvieh befassen oder sich auf Ackerbau spezialisieren – ich denke, da sind fast keine Grenzen gesetzt. Ein bisschen Liebe zum Tier muss für mich aber auch Bestandteil der Landwirtschaft sein. Ich würde nicht auf einem reinen Schweinemastbetrieb arbeiten wollen. Das habe ich im Praktikum im ersten Ausbildungsjahr kennen gelernt. Meine Vorstellung ist ganz klar die Milchviehhaltung oder etwas in dieser Richtung, darauf will ich mich spezialisieren.
B.L: Ich danke Dir für dieses interessante Interview.