Archiv 2008

2008

Guter Geschmackssinn wurde belohnt

Auf dem  Brüllmarkt in Jever am 12.10.2008 bot Stefan Eden vom Restaurant „Zitronengras“ in Zusammenarbeit mit dem Kreislandvolkverband Friesland dem Publikum einen einfachen, aber wirkungsvollen Test des Geschmackssinnes an: Eine nach allen Regeln der bürgerlichen Küche zubereitete Kartoffelsuppe wurde in Probierportionen – mit verschiedenen Kräutern gewürzt- zur Verkostung ausgegeben.

Über zweihundert Personen kosteten und kreuzten das vermeintlich erschmeckte Kraut auf einem Teilnahmebogen an. Aus den richtig ausgefüllten Bögen – Rosmarin und Thymian hatten sich in der Suppe versteckt- wurden die Gewinner des Erlebnistages auf dem Vorzugsmilchbetrieb Meinen in Grabstede gezogen. Sie trafen sich am 12. November kurz vor 8 Uhr auf dem Hof und konnten unter Anleitung Kühe melken lernen, Kälber füttern und einstreuen, den Hof erkunden und die betriebseigene kleine Molkerei besichtigen. Das anschließende Frühstück wurde selbst hergestellt: Brötchen backen, Butter schütteln, Bananenmilchmix, Käseaufstrich, Haselnussmus und Kürbismarmelade zubereiten – das machte so richtig Appetit ! Innerhalb des von der EU geförderten Projektes „Transparenz schaffen – von der Ladentheke zum Erzeuger“ bietet der Hof Meinen solche Vormittage auch für Schulklassen, für Erwachsenengruppen und als Bestandteil von Fortbildungen für Referendare und Lehrkräfte an (Kontakt: Milchhof Meinen, 04452/518).

 „Brüllmarkt“ in Jever am 12.10.2008

Gut vorbereitet hatten sich die Teilnehmer der beiden Gesprächsrunden, die auf dem Bühnenwagen zu Wort kommen sollten, um die Besucher über die Lebens-mittelerzeugung, die sozusagen direkt vor ihrer Haustür stattfindet, zu informieren.

 „Gemeinsam sorgen wir für den guten Geschmack !“ lautete das Thema der ersten Runde. Gastronome, Landwirte, Bäcker, Fleischer, Milchverarbeiter, Direktvermarkter von Produkten des Bauernhofes usw.,- also alle diejenigen, die sich der Erzeugung und Verarbeitung hochwertiger Lebensmittel verschrieben haben, sind allerdings auch abhängig davon, ob ihre Kundschaft diese Anstrengungen wert-schätzt. Und das hängt unmittelbar mit zwei Faktoren zusammen:

  1. Wissen die Kunden über den Prozess der qualitätsfördernden Lebensmittelherstellung Bescheid?
  2. Sind die Kunden in der Lage, den Unterschied herauszuschmecken?

 Hier setzt der Kreislandvolkverband mit dem seit 13 Jahren durchgeführten Projekt „Der Bauernhof als außerschulischer Lernort“ an, in dem Schüler aller Jahrgangsstufen praktische Erkundungen in Lebensmittel erzeugenden Betrieben durchführen können. Seit Februar dieses Jahres unterstützen auch zwei hauswirtschaftlich und pädagogisch ausgebildete Landfrauen dieses Angebot innerhalb des mit EU-Mitteln geförderten Projektes „Transparenz schaffen – von der Ladentheke zum Erzeuger“. Ute Hecht, Ernährungsberaterin bei der LWK, betonte die Notwendigkeit, Kindern die Zubereitung von Lebensmitteln aus frischen Produkten wieder zu vermitteln. Fertigprodukte reduzierten und prägten die Geschmackswahrnehmung von Kindern auf „salzig, fettig, süß“. Frau Cordes-Remmers, BBS Jever, unterrichtet Haus-wirtschaftsschülerinnen und bestätigte den Verfall der Geschmacks-wahrnehmung „in der dritten Generation der Fertigprodukt-konsumenten“. Stefan Eden, der das Restaurant „Zitronengras“ betreibt, hat seine Küche auf zwei Zielgruppen ausgerichtet: die (kleinere) Gruppe der Feinschmecker und diejenigen, die eher den Fleischberg auf dem Teller bevorzugen. Landwirt Hinrich Schild beschrieb ähnliche Erfahrungen in seinem Hofcafé und –restaurant, in dem er hofeigene Produkte vermarktet. In der zweiten Gesprächsrunde ging es um das Spannungsfeld „Landwirtschaft – Freizeitgesellschaft“. Landwirt Jan Borchers aus Sande schilderte Konfliktsituationen mit Anliegern, Joggern, Radfahrern, die er z.B. beim Güllefahren, beim Kühetreiben etc. häufig erlebt. Bürgermeister Wesselmann aus Sande kennt die Beschwerden der Anwohner. Einerseits könnten Verbotsschilder (z.B. Parkverbote) installiert werden, um die Passierbarkeit von Wegen zu erhalten, andererseits seien aber auch Methoden im Tourismus- und Freizeitangebot der Gemeinde denkbar, die einen Kontakt zwischen Bevölkerung und Landwirt ermöglichten, wie z.B. geführte Rad-touren, die den Besuch eines Hofes zum Ziel haben. Bei solchen Betriebserkundungen könnten Landwirte selbst für mehr Verständnis werben, in dem sie ihren Arbeitsalltag mit seinen Notwendigkeiten verdeutlichen. Ingo Bischoff vom Maschinenring Wesermarsch bezifferte die Kosten pro Minute für eine dreigliedrige Mais-Erntekolonne mit 9.50-11.50 €. Da wird jede Verzögerung für den Landwirt teuer. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen wie Blumenkübel und Verkehrsinseln, aber auch zu kleine Kreisel machten es für landwirtschaftliche Maschinen teilweise unmöglich zu passieren, obwohl diese in ihrer Breite und Länge der Straßenverkehrsordnung entsprächen. Wenn landwirtschaftliche Fahrzeuge Umwege fahren müssen, Lohnunternehmer daher dem Landwirt mehr Kosten in Rechnung stellen – wer kommt dafür auf? Hier sollte der Dialog der zuständigen Behörden mit der Landwirtschaft verbessert werden.

Friesische Milcherzeuger liefern erstklassige Milchqualität – mit steter Ungewissheit über den Erlös

Eigentlich ist es kaum zu verstehen, warum ein Lebensmittel, das höchsten Qualitätsansprüchen gerecht wird, nicht gleichzeitig auch einen angemessenen Preis erzielen kann: Innerhalb Niedersachsens wurden 99,5 % der gesamten angelieferten Milchmenge von 4,77 Tonnen in die höchste Güteklasse 1 eingestuft.

Die 19 Milch verarbeitenden Molkereien produzieren daraus ebenso erstklassige Milchprodukte, die nicht nur in Niedersachsen und Deutschland, sondern auch auf Exportmärkten abgesetzt werden. Die zehn besten Milcherzeuger Niedersachsens werden demnächst wieder unter 25 Kandidaten ermittelt und prämiert. Dieser Wettbewerb ist in seiner Art bundesweit einzigartig und wird von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen als Aushängeschild für die gesamte niedersächsische Milch- und Molkereiwirtschaft bewertet. Peter Cornelius, Vorsitzender der LVN , lobt aus der Erfahrung der vergangenen 7 Jahre: „ Unsere Milchbauern brillieren mit Rohmilch in erstklassiger Qualität, sie stellen jeden Tag erneut unter Beweis, dass sie ihr Handwerkszeug bestens beherrschen…..“ Doch an die Bestrebungen der Milcherzeuger, ihre Betriebe leistungsoptimiert, tierfreundlich und umweltgerecht zu führen, ist nicht automatisch der entsprechende finanzielle Ertrag gekoppelt. Die Unzufriedenheit der Milchbauern drückte sich auch in Friesland im Juni in einem Milchlieferstopp aus, um höhere Preise für die angelieferte Milch durchzusetzen. In der Tat wissen die Milch-erzeuger, bevor die Milch ihre Höfe verlässt, nicht genau, wie viel Geld sie letztendlich für den Liter bekommen werden, weil der von den Molkereien für die Milchprodukte erzielbare Erlös von Tagespreisen bzw. Vertragsbindungen mit dem Lebensmittelhandel abhängt und Schwankungen unterliegt. Marktbeherrschende Handelsunternehmen können die Molkereien unter Druck setzen, die dann den geringeren Erlös für die produzierten Milchprodukte an die Landwirte weitergeben – mit einem entsprechend geringeren Auszahlungspreis. Über die Folgen „freuen“ sich nur die Konsumenten: Seit Jahrzehnten sind nach Angaben des statistischen Bundesamtes die Milchprodukte für den deutschen Verbraucher deutlich preiswerter als für die Nachbarn im europäischen Ausland, und auch im innerdeutschen Langzeit-vergleich kostete die Butter 1995 mehr als heute. Würden die Molkereien höhere Erzeugerpreise auszahlen, könnte es allerdings auch zu folgender Situation kommen: Es gibt in Europa keine Grenzen mehr, Milch und Milchprodukte können also immer dorthin gebracht werden, wo zurzeit der höchste Preis erzielt werden kann und sich die Transportkosten in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen halten. Vor diesem Hintergrund fließt die deutsche Milch zwar nicht nach Finnland, wo die Molkerei Hämeenlinnan ihren Lieferanten 37, 61 Cent pro Liter bezahlt. Ein Anstieg der Milchimporte wäre aber zu erwarten, wenn sich das deutsche Niveau des Auszahlungspreises über dem der direkten Nachbarn befände. Ausländische Milch-erzeuger würden mit den deutschen direkt konkurrieren, und ein dann ansteigendes Angebot an Milch ließe die Preise für die Bauern erneut absacken. Eine aktuelle Verringerung der deutschen Milchproduktion – sei es durch Verminderung der Milcherzeugung auf den Höfen oder Protestaktionen mit Milchvernichtung- wäre vermutlich ebenso ein Eigentor zu Lasten auch der friesischen Milchbauern. So werden sie wohl mit schwankenden Preisen auf einem zukünftig freien Markt rechnen müssen, und jeder einzelne Betrieb auch in Friesland muss sich mit einer eigenen Strategie durchsetzen, sei es eine kapitalintensive Vergrößerung des Kuhbestandes oder ein verbessertes Management der bestehenden Kapazitäten.

Tag des offenen Hofes 2008

Zwei Betriebe im Landkreis Friesland bzw. in Wilhelmshaven öffneten in diesem Jahr ihre Türen, um vor allem Familien mit Kindern die regionale Landwirtschaft näher zu bringen. Auf dem Hof von Familie Neunaber in Schortens-Sillenstede, Mühlenreihe 5, konnte man Einblicke in einen Milchvieh-betrieb bekommen, während auf dem Biobetrieb von Familie Brören in Wilhelmshaven, Sengwarder Altendeich 8, die Mutterkuhherde und die Fleischvermarktung im Vordergrund standen.

Seit 10 Jahren bieten landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen den Tag des offenen Hofes an. Besucherzahlen zwischen 3000 und 7000 Gästen pro Veranstaltung zeigen, wie gut diese Idee bisher angenommen wurde.

Die Vorbereitungen auf den beiden Betrieben wurden auf den Schultern von 100-150 Ausstellern und Helfern verteilt, darunter die Landvolkmitglieder, Landjugend, Landfrauen, der Verein „Frauen ohne Grenzen“, Jungzüchter, die Jägerschaft, Berufsschüler und viele mehr. Sie boten ein reichhaltiges Programm für die Besucher.

Der Geschäftsführer des Kreislandvolkverbandes, Manfred Ostendorf, betonte, dass der Tag des offenen Hofes eine gute Möglichkeit sei, den Besuchern Informationen über die Milcherzeugung und die aktuelle Milchpolitik mitzugeben. Denn da sei immer noch viel Aufklärungsbedarf nötig. So wurde er vor kurzem mit der Bemerkung eines Mitbürgers konfrontiert, der meinte, die Landwirte hätten es doch während des Milchboykotts gut gehabt – sie hätten da ja nicht melken müssen….

„Der Landwirt muß auch mal fegen“

„Landwirtschaft zum Anfassen“ heißt das vom Kreislandvolkverband Friesland angebotene Unterrichtsprojekt (siehe auch Schule<>Bauernhof), das in 2008 seit 10 Jahren fest im Stoffplan der Hauptschule Jever verankert ist. Alle Achtklässler lernen, wie und wo ihre Lebensmittel produziert werden – aber nicht etwa im Klassenraum, sondern auf landwirtschaftlichen Betrieben der Region.

Björn Swoboda und Sebastian Kossel schildern am zweiten Tag ihres einwöchigen Praktikums ihre bisherigen Erfahrungen, die sie auf dem Hof von Jörg Even in Schortens gesammelt haben. „Der Landwirt hat nie richtig frei oder Urlaub“, und: „ Er muß auch mal fegen“. Die zweckmäßige Handhabung des Besens gehörte denn auch zu den ersten Tätigkeiten, die die beiden Schüler auf dem Hofgelände erlernten. Die Kühe auf die Weide zu treiben erforderte schon etwas mehr Mut. Das Treckerfahren befanden die beiden als „eigentlich ganz einfach“. Überhaupt haben sich die beiden gut auf dem Betrieb eingelebt und durchschauen bereits viele Vorgänge und Zusammenhänge dieser ungewohnten Umgebung. Landwirt Jörg Even äußerte sich gegenüber Radio Jade zufrieden über ihr Arbeits-verhalten. Er gehört zu den Betriebsleitern, die seit 10 Jahren die Hauptschüler für eine Woche auf ihren Höfen die echte Landluft schnuppern lassen und ist nach wie vor vom Sinn dieses Unterricht-projektes überzeugt.

Junge Menschen sollen zu mündigen, qualitätsbewußten Verbrauchern heranwachsen – dazu gehört auch das Wissen, auf welche Weise in der Heimatregion Lebensmittel produziert werden. Nirgendwo sonst können junge Menschen einen so intensiven Einblick in den Berufsalltag des Landwirtes mit seinen vielfältigen Arbeitsbereichen erlangen. Die Absicht des Projektes ist dabei nicht, möglichst viele Schüler zu einer landwirtschaftlichen Ausbildung zu bewegen, sondern einen ersten Kontakt zur Berufswelt zu bekommen und auch eigene Fähigkeiten und Grenzen kennen zu lernen. Für viele SchülerInnen ist es auch ein besonderes Erlebnis, einmal ganz andere als die eigenen Familienstrukturen kennen zu lernen. Sie leben eine Woche lang in Familien mit meist mehreren Generationen, deren Angehörige in der Regel fest mit dem Betrieb verbunden sind und verschiedene Aufgaben in der Bewirtschaftung übernommen haben. Ein Hof und die darauf lebenden Menschen erwecken den Eindruck eines „Organismus“, dessen Wohlergehen vom optimalen Zusammenwirken der einzelnen Mitglieder abhängig ist. Für die SchülerInnen wird darüber hinaus der Sinn und die Auswirkung der Tätigkeiten, die von den Hofbewohnern und Mitarbeitern ausgeübt werden, unmittelbar ersichtlich. Sie erkennen, dass die Ausführung jedweder Arbeit auch die persönliche Verant-wortung für das Ergebnis beinhaltet. Ursache und Wirkung werden wieder nachvollziehbar. Für Natascha Michael, die ihr Praktikum zusammen mit Sören Reents auf dem Hof von Jann Janssen in Cleverns absolviert, ist denn auch der unmittelbare Zusammenhang zwischen ihren Rückenschmerzen und der verursachenden Tätigkeit ersichtlich geworden. Sie hatte am Vortag Zaunpfähle gesetzt. Natascha hat noch Schwierigkeiten mit den fremden Gerüchen auf dem Hof. Ihre Berufsvorstellung ist der KFZ-Mechaniker. Vielleicht reizt sie ja auch die Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker? Dann müsse sie ja wieder auf Bauern-höfe, vermutet sie, und da stinkt´s. Aber Jann Janssen kann sie beruhigen: Zur Reparatur werden die Maschinen meist zur Werkstatt gebracht. Sören Reents weiß jetzt, das Kälber zwar im Oberkiefer keine Schneidezähne haben, aber sehr wohl kräftige Backenzähne besitzen. Das Kälbchen, das zunächst an seinem Finger nuckelte, hat es ihm beigebracht.

 

(Ein Teil der Radiosendung ist unter https://www.radiojade.de/index.php?a=0200&bid=518 zu hören).

 Jahreshauptversammlung 2008

 Die Jahreshauptversammlung des Kreislandvolkverbandes Friesland am 05.03.2008 eröffnete der 1. Vorsitzende, Kreislandwirt Hartmut Seetzen, mit der Frage: „Auf dem Messeschnellweg in Hannover dürfen Trecker fahren. Warum nicht auch auf der Umgehungsstraße von Jever und auf der B210-Verlängerung in Richtung Roffhausen?“

Landwirte müssten hier große Umwege in Kauf nehmen, weil die Zugmaschinen nicht erlaubt sind. Landrat Sven Ambrosy versprach, sich für eine baldige Änderung der Situation einzusetzen. In seinem Grußwort hob er das gute Gelingen der Protestaktionen gegen Lebensmitteldumping im vergangenen Jahr hervor und lobte die Kooperation mit dem Landvolk auch hinsichtlich des Zusammen-schlusses der Veterinärämter zum „Zweckverband Veterinäramt Jade-Weser“. Er würde die Entstehung eines grünen Kompetenz-zentrums in Friesland begrüßen. Hartmut Seetzen gab einen kurzen Rückblick über die Ernte- und Marktsituation von 2007. Die Getreide-ernte sei in nur mittelmäßiger Menge ausgefallen und wegen des nassen Wetters teilweise schwierig verlaufen. Die verstärkte Nach-frage habe die Preise in die Höhe schnellen lassen. Die Milchlager seien EU-weit geschrumpft, auch hier seien die Preise gestiegen. Die gezielte Öffentlichkeitsarbeit unter dem Motto „Lebensmittel sind mehr wert“ habe beim Verbraucher zu einer Akzeptanz der erhöhten Preise geführt, weil deutlich gemacht werden konnte, dass jetzt bei den Erzeugern eine kostendeckende Produktion möglich sei. Kleine Baumaßnahmen würden durch die Anpassung des Bundes-immissionsschutzgesetztes an das EU-Niveau für die landwirt-schaftlichen Betriebe erleichtert. Als eine Form der Enteignung bezeichnete Seetzen die neue Rechtslage, die den Umweltverbänden ein Vorkaufsrecht für landwirtschaftliche Flächen zugestehe. Die Erhöhung des Abstandes zu Gräben bei der Düngerausbringung von 1m auf 10m ließe eine spürbare Verminderung des Ertrages erwarten. Geschäftsführer Manfred Ostendorf wies nach dem Tätigkeitsbericht auf den diesjährigen Tag des offenen Hofes hin, der am 22.06.2008 auf den Betrieben der Familie Broeren, Wilhelmshaven, sowie Familie Neunaber, Sillenstede, stattfinden wird.

Jörn Dwehus, Hauptgeschäftsführer des Landvolkes Niedersachsen, erläuterte die aktuelle Entwicklung aus der Agrar- und Verbands-politik. Er hob hervor, dass die Wertschätzung der Verbraucher für Lebensmittel gestiegen sei, auch weil sich die Wahrnehmung verbreite, dass „alles knapper“ würde. Die Erhöhung des Milchpreises komme beim Landwirt aber nur mit 2 Cent pro Liter an, weil die Vorkosten (Futermittel, Energie) ebenfalls gestiegen seien. Lebensmittel- und Biomasseproduktion dürften in Zukunft nicht konkurrieren. Dies könne erreicht werden, indem Biogasanlagen nur Restprodukte aus der Lebensmittel- bzw. Futtermittelproduktion verarbeiten. Die allgemeine Rohstoffverknappung werde der Land-wirtschaft einen Aufschwung bescheren, so dass sich der Einstieg in diesen Erwerbszweig wieder lohne. Niedersachsen werde in seinen Grünlandregionen die bundesweite Milchproduktion auf sich ziehen und damit ebenso die entsprechenden Verarbeitungsstrukturen und Kompetenzen bündeln. Der Ehrenvorsitzende Hajo Tjarks leitete anschließend die Vorstandswahl.

Von links nach rechts: Jörg Even, Udo Becker (erster Stellvertreter), Carsten Dirks, Jann Janssen, Geschäftsführer Manfred Ostendorf, Erhardt Bauer (zweiter Stellvertreter), Paul Schoorlemmer, Hartmut Seetzen (Vorsitzender) und Bernd Harms leiten nun die Geschicke des Verbandes. Anton Mennen wurde, ebenfalls einstimmig, zum Rechnungsprüfer ernannt.

 

Vielfältig und anspruchsvoll: der neue Beruf „Fachkraft Agrarservice“ 

Der noch junge Beruf „Fachkraft Agrarservice“ ist ein spezieller Dienstleistungsberuf der Landwirtschaft mit vielfältigen Tätigkeitsbereichen. Spaß am Umgang mit landwirtschaftlicher Großtechnik, Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Kunden und die Bereitschaft, in Spitzenzeiten Überstunden zu machen, sind gefragt .

Wenn sich landwirtschaftliche Betriebe vergrößern, ist die anfallende Arbeit von der Familie allein meist nicht mehr zu bewältigen. Hier sind so genannte Lohnunternehmen gefragt, die mit ihren Maschinen und dem entsprechend ausgebildeten Personal z.B. Erntearbeiten wie Dreschen des Getreides, Einbringen der Gras- und Maissilage, Pflügen, Düngen, Säen, Pflanzenschutzmaßnahmen und natürlich auch die Wartung der Maschinen übernehmen. Die genannten Tätigkeiten werden erweitert durch Maßnahmen im Bereich der Landschaftspflege und kommunale Dienstleistungen. Die Lohnunter-nehmen setzten inzwischen verstärkt auf gut ausgebildete Mit-arbeiter mit dem Berufsabschluss „Fachkraft Agrarservice“. Die Voraussetzungen, um diesen Beruf zu ergreifen, sind ein erfolgreicher Hauptschulabschluss oder höhere schulische Qualifikationen, letzteres vor allem wenn berufliche Aufstiegsfortbildungen bzw. ein anschließendes Studium in der Landwirtschaft geplant sind. Die Auszubildenden sollten Interesse an der Bedienung landwirtschaftlicher Maschinen, handwerklich-technisches Geschick und kaufmännisches Verständnis mitbringen. Natürlich sind auch persönliche Eigenschaften wie Ausdauer, körperliche Leistungsfähigkeit, freundliches Auftreten, Zuverlässigkeit, Zielstrebigkeit und gutes Auffassungsvermögen gefragt. Die Ausbildung dauert 3 Jahre und findet in von der Landwirtschaftskammer anerkannten Aus-bildungsbetrieben statt. Zur Zeit wird der Berufsschulunterricht in Blockform an der DEULA (Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik) in Nienburg erteilt. Hier werden zum Beispiel Kenntnisse über Gesund-heitsschutz und Sicherheit bei der Arbeit, Natur- und Umweltschutz, arbeitsvorbereitende Maßnahmen, Kommunikation usw. vermittelt. An ergänzenden Lehrgängen und Übungen kann freiwillig teilge-nommen werden. Sollte der Führerschein (Klasse L bzw. T) bei Ausbildungsbeginn noch nicht vorhanden sein, kann er im Rahmen der Ausbildung erworben werden. Nach der Ausbildung bieten sich Tätigkeiten in Lohnunternehmen und in landwirtschaftlichen Betrieben, die vorwiegend Ackerbau betreiben, an. Fortbildungs-möglichkeiten bestehen aktuell z.B. zum Landwirtschaftsmeister, zum staatlich geprüften Betriebswirt und zum Fachagrarwirt Landtechnik. Eine Fortbildung zum Meister im Beruf „Fachkraft Agrarservice“ wird derzeit vorbereitet. Die Entwicklung dieses seit 2005 existierenden Berufsbildes resultiert aus der Veränderung der landwirtschaftlichen Betriebe, die in den letzten Jahren statt-gefunden hat. In einigen Regionen Deutschlands haben sich z.B. große Betriebe entwickelt, die ganz auf Ackerbau spezialisiert sind. Die in der Pflanzenproduktion eingesetzten Maschinen werden immer effektiver, damit aber auch teurer und komplizierter. Die Anschaffung lohnt sich finanziell für den einzelnen landwirt-schaftlichen Betrieb oft nicht. Der Lohnunternehmer als Dienstleister für viele Betriebe kann diese Maschinen allerdings besser auslasten und damit kostengünstiger einsetzen, muss allerdings auch die Gewähr haben, dass sie von den Mitarbeitern optimal bedient und gewartet werden. Daher legen Lohnunternehmer und Landwirtschaftsbetriebe großen Wert auf Nachwuchskräfte, die fachlich auf diese spezifischen Anforderungen hin qualifiziert sind. Der Aus-bildungsberuf Fachkraft Agrarservice wurde zunächst im Rahmen einer so genannten Erprobungsverordnung geschaffen. Bis Ende 2008 überprüft das Bundesinstitut für Berufsbildung die Struktur und die Inhalte der neuen Ausbildungsverordnung. Dazu sollen auch persönliche Interviews mit den Auszubildenden, den Betrieben und den Berufsschulen geführt werden. Bundesweit befinden sich ca. 250 Auszubildende in der Ausbildung, davon rund 60 in Niedersachsen, das mit ca. 800 Lohnunternehmen zu den Hochburgen der Branche zählt. Da die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen nicht befriedigt werden konnte, müssen weit mehr Betriebe die Anerkennung zum Ausbildungsbetrieb anstreben, um einerseits dem Bedarf an Aus-bildungsplätzen gerecht zu werden und andererseits sicherzustellen, dass ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte „nachwachsen“. Denn auch die landwirtschaftlichen Betriebe in Friesland werden sich künftig verändern. Wenn die Milchquote wegfällt, werden sich Betriebe vergrößern und den Schwerpunkt der Arbeit auf die Betreuung des Milchviehs legen. Die Bewirtschaftung der Acker-bauflächen und die Futterernte bzw. Konservierung wird dann vermehrt an Lohnunternehmer abgegeben werden. Interessenten für diese Ausbildung können sich beim Ausbildungsberater Friedhelm Cordes, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Oldenburg-Nord, Tel: 0441/34010124, näher informieren.